Tauschen und reparieren statt neu kaufen in der «LeihBaràObjets» in Biel

Nachhaltig und preisgünstig konsumieren: Das macht das Bieler Projekt «LeihBaràObjets» für alle möglich. Die Community besitzt gemeinsam Dinge, die jemand allein sich nicht leisten kann. Der zentrale Treffpunkt ist die Ausleihtheke. Sie wird von Menschen mit einer Beeinträchtigung betrieben. Am «Ort», wo sich die Gemeinschaft regelmässig trifft, hilft man sich auch gegenseitig beim Basteln und Reparieren von kaputten Gegenständen.

Wie ist die Ausgangssituation und was sind die Ziele Ihrer Caring Community?

Eine Kerngruppe von Engagierten gründete ab Herbst 2022 eine LeihBaràObjets in Biel/Bienne. Eine Leihbar ist eine nicht-profitorientierte Bibliothek der Dinge, wo man Gebrauchsgegenstände ausleihen kann. Gleichzeitig ist im Co-Working-Space «DER ORT» ein sozialer Ort des Austauschs für Alle entstanden, wo man sich Hilfe bei seinem Heimwerker:innenprojekt holen kann.
Das grundlegende Ziel der LeihbaràObjets ist, den Menschen in Biel/Bienne die Teilhabe am «Konsum» zu ermöglichen. Gleichzeitig wird aber auch unser Konsumverhalten hinterfragt und der Mehrwert vom Teilen verdeutlicht. Das Projekt soll ein Raum für Austausch und Lernen und Stärkung des sozialen Zusammenhalts fördern. Weiter sollen natürlich durch die Caring Community Ressourcen geschont und nachhaltige und suffiziente Konsummuster etabliert bzw. alternative Wirtschaftsformen getestet werden.

Wie funktioniert die «gegenseitige Unterstützung» in Ihrer Caring Community? Welche Beteiligungsmöglichkeiten gibt es?

Das Grundanliegen der Caring Community «LeihBaràObjets» besteht darin, dass möglichst viele Menschen in Form von «ausleihen» nachhaltig und preisgünstig konsumieren können. Dabei steht nicht allein der Konsum im Vordergrund sondern dass Bewusstsein, dass wir Teil einer Gemeinschaft sind und mit dem Teilen Ressourcen (eigene finanzielle sowie die der Umwelt) schonen. Wir sind also eine Community des Teilens.
Rechtlich besteht die LeihBaràObjets aus einem Verein, in dem die Vereinsmitglieder (gegenseitig) Gegenstände ausleihen können; der jedoch ebenfalls allen anderen Menschen offen ist. Die Bibliothek wir von ihren Mitgliedern getragen und organisiert. Die Mitglieder leiten eine Schicht, organisieren Bastel- und Reparaturevents oder verbreiten die Idee des “Teilens” an Events im “ORT” oder an anderen Nachhaltigkeitsfestivals im Raum Biel/Bienne. Wir haben eine Gemeinschaft erschaffen und ein Netzwerk mit gleichgesinnten Menschen und Projekten im Raum Biel/Bienne aufgebaut.

Was hat Ihnen beim Aufbau oder der Weiterentwicklung Ihrer Caring Community besondere Freude bereitet?

Die Arbeit im Team war sehr motivierend. Eine Leihbar lässt sich nur aufbauen, wenn ganz viele Menschen einen Beitrag leisten. Da wir die Gegenstände nicht einfach kaufen konnten, waren wir darauf angewiesen, dass uns Gegenstände gespendet werden. Wir haben einen Aufruf gemacht und innert kürzester Zeit tolle Gegenstände erhalten, die auch oft ausgeliehen werden: einen originalverpackten Beamer, eine Zuckerwattenmaschine, ein Bretzeleisen, Schneeschuhe und natürlich Werkzeug und Gartengeräte. Wir waren überrascht, wie einfach es war einen Grundstock von 200 Gegenständen aufzubauen. Dann war es motivierend, während den ersten Schichten zu sehen, wie sich die Leute darüber freuen, bei uns Gegenstände auszuleihen und nach zwei Wochen mit dem Gegenstand und einer Geschichte dazu, wieder zurückzubringen. Wir konnten einige Mitglieder für ein Engagement gewinnen: sei es für eine Schicht an der LeihTheke, zum Stoffbeutel nähen oder für einen Auftritt an einem Nachhaltigkeitsfestival oder am Wochenmarkt in der Bieler Altstadt.

Wie hat sich die Caring Community auf das Zusammenleben ausgewirkt?

Biel/Bienne ist eine überschaubare Stadt. Sobald man sich in einem Verein wie der LeihBaràObjets engagiert, läuft man sich immer wieder über den Weg. So sind über die LeihTheke und das Projekt hinaus Beziehungen und Kontakte geknüpft worden. Das relativ einfache Konzept des Teilens, Ausleihens und auch Reparierens spricht Menschen unterschiedlicher Altersklassen an. Wir haben ganz junge Leute im Team, für die der Umweltschutz im Vordergrund ihres Engagements steht und wir haben einige frisch pensionierte Engagierte, für die das Teilen und Reparieren noch eine Selbstverständlichkeit darstellt. So entsteht ein fruchtbarer Austausch über mehrere Generationen.

Wer hat von Ihrer Caring Community profitiert?

Die LeihBaràObjets in Zahlen:

  • 204 Gegenstände im System
  • Über 240 Ausleihen seit Eröffnung
  • 77 Jahres- und 17 Monatsabos
  • Über 25 freiwillige Helfer:innen
  • Bisher über 6 Anlässe für Freund:innen und Bekannte der LeihBaràObjets

Profitiert haben alle, die sich in irgendeiner Form für die LeihBaràObejts interessiert und engagiert haben. Einerseits sind das alle Menschen, die einen Gegenstand nicht mehr brauchten, aber nicht einfach wegwerfen wollten. Sie haben eine sinnvolle Möglichkeit gefunden, den Gegenstand “loszuwerden”. Andererseits konnten durch die vielen Ausleihen Menschen von unserem reichhaltigen Angebot profitieren. Und das Wichtigste: wir haben eine Plattform, ein Netzwerk erschaffen. Es haben sich Menschen kennengelernt, es wurden Freundschaften geknüpft, man hat sich gegenseitig ausgeholfen.

Welche Tipps geben Sie anderen, die eine Caring Community planen?

Eine nicht-gewinnorientierte Gemeinschaft aufzubauen erfordert auch Menschen, die Zeit und Geduld haben, sich für sich und ihre Umwelt zu engagieren. Die Aufgaben bei einem Aufbau einer Caring Community sind vielfältig. Je mehr Menschen motiviert mitziehen und ihre Talente mit anderen teilen, desto besser. Gestartet ist man schnell mal, dann braucht es aber Ausdauer und Geduld, bis ein Projekt wirklich zum Tragen kommt. Es war für uns sehr hilfreich, eine “Werbeaktion” zu machen. Einen Monat lang haben wir auf allen Kanälen, mit Poster, Flyer, mündliche Werbung, einem Marktstand etc. viel Werbung für unser Projekt gemacht.

Was sind die nächsten Schritte?

Die LeihBaràObjets möchte finanziell auf soliden Beinen stehen und breiter wahrgenommen werden. Dazu soll in den nächsten Monaten das Fundraising und die Kommunikation ausgebaut werden. Mit etwa 150 Mitglieder wären wir finanziell selbsttragend. Soweit sind wir noch nicht, es braucht also nochmals eine Werbeoffensive. Wir bräuchten auch noch mehr Mitglieder, damit die Schichten immer gefüllt und allenfalls die Öffnungszeiten erweitert werden können. Neben dem Kellerraum mit den > 200 Gegenständen gibt es einen weiteren Raum. Dieser soll ausgebaut und für Reparaturen genutzt werden.

Kontaktperson

Marius Wiher

Region

Espace Mittelland

Themen

Kultur des Teilens, Voneinander lernen, Zusammenleben, Nachbarschaft

Organisation / Trägerschaft

LeihBaràObjets Biel/Bienne


vision2035.ch

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