Der QuartierSchalter in St.Gallen-Lachen lässt die Nachbarschaft zusammenrücken.

18.01.2021

Kathrin Rieser (43) steht an manchem Dienstagnachmittag am QuartierSchalter im St.Galler Lachen-Quartier. Das QuartierSchalter-Team vernetzt die Nachbarinnen und Nachbarn untereinander oder mit anderen Institutionen und versucht, Fragen aller Art zu beantworten. Seit seiner Eröffnung im August 2020 ist der QuartierSchalter zu einem Treffpunkt für Menschen aller Generationen und Kulturen geworden.

Frau Rieser, mit welchen Anliegen kann ich mich an den QuartierSchalter wenden?

Kathrin Rieser: Der QuartierSchalter ist offen für alle aus dem Quartier Lachen und der Stadt St.Gallen. Das Angebot ist kostenlos. Wir bieten Unterstützung bei Bewerbungen, bei der Wohnungssuche, dem Ausfüllen und Verstehen von Formularen, der Nutzung von Internet, Computer und Drucker und vielem mehr. Kürzlich hat eine Seniorin angerufen und erzählt, ihr Tisch sei kaputt. Ein Freiwilliger, der gerade da war, ging kurzerhand bei ihr vorbei und hat den Tisch repariert. Manchmal kommen auch Kinder mit Fragen zu den Hausaufgaben. Oder sie wollen sich einfach im QuartierSchalter treffen und auf dem Boden ein Spiel machen.

Wie wissen die Menschen im Lachen-Quartier vom Angebot?

Die meisten Menschen kommen über Beziehungen zu uns, zum Beispiel über HEKS Neue Gärten oder über andere Projekte, mit denen wir vernetzt sind. Wir haben überall Flyer verteilt. Ganz wichtig ist uns, nicht von «Problemen» oder «Hilfe» zu sprechen, denn das wirkt abschreckend. Wenn wir aber sagen: «Komm doch einfach mal auf einen Kaffee vorbei und bring das Formular mit», ist die Hemmschwelle geringer und wir können die Menschen wie beiläufig unterstützen. Wir kommunizieren auch aktiv im Quartier, in Geschäften, an Plakatwänden, in Vereinen und sozialen Projekten. Unsere Telefonnummer ist aufgrund der aktuellen Situation fast durchgehend besetzt.

Wie schaffen Sie es, auf alle Fragen eine Antwort zu geben?

Wir versuchen, die Menschen, die ein Anliegen haben, bei der Lösung aktiv miteinzubeziehen. Wir pflegen ein aktives Netzwerk und einen Katalog mit diversen Organisationen und Hinweisen, wo wir zusätzliche Informationen suchen können, wenn dies nötig ist. Manchmal haben die Menschen, die bei uns Unterstützung suchen, das Bedürfnis, sich zu revanchieren und etwas zurückzugeben. Wir versuchen dann, ihnen eine aktive Rolle als Freiwillige/r anzubieten. Sie werden ermutigt, ihre Talente und ihr Wissen einzubringen. Wer etwas beiträgt, fühlt sich automatisch als Teil der Gemeinschaft.

Wo holen Sie sich fachliche und personelle Unterstützung?

Wir arbeiten mit Freiwilligen, die gezielt ihre Unterstützung anbieten und die Menschen bei ihren Anliegen begleiten. So verfügen wir über viele verschiedenen Ressourcen. Wenn aber niemand die nötige Kompetenz mitbringt, suchen wir spezialisierte Angebote und unterstützen die Hilfesuchenden dabei, an die richtigen Informationen und Stellen zu gelangen. Dann bleiben wir beharrlich dran und fragen auch nach, ob es geklappt hat.

Der QuartierSchalter in St.Gallen-Lachen bietet Raum zum Spielen, Basteln, Kreativ-Sein oder für den Austausch bei einem Kaffee (Foto: Kathrin Rieser).

Wie coachen Sie die Freiwilligen?

Die meisten sind sich bewusst, dass sie Verantwortung übernehmen und arbeiten sehr selbständig. Manchmal kommt das Thema Abgrenzung auf. Die Klientinnen und Klienten können auch mal etwas fordernd auftreten. Dann beraten wir die Freiwilligen, wie sie Grenzen setzen können oder suchen weitere Lösungen. Wir bieten den Freiwilligen an, dass sie sich bei Bedarf melden können und pflegen auch aktiv den Kontakt.

Wie finanziert sich der QuartierSchalter?

Wir führen den QuartierSchalter ab 2021 zu dritt: Neben mir arbeiten Adelheid Karli von HEKS Neue Gärten und Roberto Bertozzi von Pro Senectute mit. Der Verein tiRumpel, bei dem ich zu etwa 80% arbeite, finanziert ein Pensum von 5 bis 10 Stellenprozent. Pro Senectute, Valida und HEKS Neue Gärten stellen weitere personelle Ressourcen zur Verfügung. Wir finanzieren unsere Kosten mit Spenden und Beiträgen vom Kanton, der Stadt St.Gallen und Stiftungen. Ausserdem haben wir vom Netzwerk Caring Communities einen Förderimpuls erhalten.

Wie soll sich der QuartierSchalter entwickeln?

Wir möchten eine niederschwellige Plattform zum Austausch von Wissen und Material aufbauen. Wer etwas besonders gut kann, unterstützt andere. Das kann vom Einkaufen über Computerprobleme-Lösen, Kinderhüten bis zum Veloflicken reichen. Der QuartierSchalter soll auch unkompliziert die Begegnung ermöglichen. Ziel ist, dass wir eine grosse Caring Community werden, bei der sich die Nachbarinnen und Nachbarn gegenseitig kennen und unterstützen.

Wie ist Ihre Beziehung zum Quartier?

Ich wohne direkt neben dem Lachen-Quartier und kenne über die Arbeit mit den Kindern viele Familien. Ich möchte für Menschen da sein, die negative Erlebnisse hatten oder nicht wissen, wie sie mit einer Situation zurechtkommen. Ich erlebe viele, die sich so sehr bemühen, alles richtig zu machen. Manchmal ist es dann aber doch nicht so einfach, zum Beispiel wegen der Sprache oder anderen Gewohnheiten. Da kann man sich schon mal etwas verloren fühlen. Das Gefühl zu haben, dass jemand da ist, der zuhört, gibt vielen Menschen Halt. Ich mag das Quartier mit seinen vielfältigen Bewohnerinnen und Bewohnern und erlebe das Miteinander als sehr positiv und freudebringend.

Zur Person

Kathrin Rieser (43) arbeitet für den Verein tiRumpel in der Offenen Arbeit mit Kindern und leitet ein Familienzentrum im Lachen-Quartier in St.Gallen. Daneben sie ist als Künstlerin tätig. Schon immer hat sie sich für das Zusammenleben und Menschen allen Alters interessiert. Der QuartierSchalter wird seit August 2020 als ergänzendes Angebot für das Zusammenleben im Quartier durchgeführt.  

Wir bieten Unterstützung bei Bewerbungen, bei der Wohnungssuche, dem Ausfüllen und Verstehen von Formularen, der Nutzung von Internet, Computer und Drucker und vielem mehr.
Kathrin Rieser, QuartierSchalter

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